Fotoportrait
Durlacher Allee
Fotos: Anne-Sophie Stolz
Text: Sigrid Frank-Eßlinger

Durlacher Tor
Bitte einsteigen! Wir starten am Durlacher Tor und fahren 3,6 Kilometer bis Durlach auf der schnurgeraden, von Platanen und Pappeln gesäumten Durlacher Allee. Diese alte Verbindung zwischen Karlsruhe und Durlach – der neuen und der alten Residenz der Badischen Markgrafen – entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts, als Karlsruhe stark wuchs, zur Hauptverkehrsstraße. Die ehemaligen Hofküchengärten des Schlosses wurden in dieser Zeit mit Wohnungen und Kleingewerbe bebaut und entwickelten sich links und rechts der Allee zur Karlsruher Oststadt. Wer sie heute entlang geht oder fährt entdeckt, wie die Straße im Verlauf ihren Charakter ändert.


Gottesauer Platz
Im ersten Drittel der Durlacher Allee finden sich zumeist vierstöckige Wohnhäuser im Stil des Historismus oder Jugendstils mit zahlreichen Innenhöfen, in denen noch heute teilweise kleine Gewerbebetriebe angesiedelt sind. Außerdem sieht man auf der nördlichen Seite die katholische St. Bernhard- und die evangelische Lutherkirche.
Vor der Kreuzung Wolfartsweirer Straße fährt man am Gottesauer Platz vorbei. Der kleine Platz, auf dem dreimal die Woche ein Wochenmarkt stattfindet, ist durch den Verkehr stark belastet, soll aber im Zuge der Stadtteilentwicklung belebt und aufgewertet werden. Hier liegt auch der sogenannte Gottesauer Block, eine riesige, denkmalgeschützte Wohnanlage aus den 30er Jahren mit 344 Wohnungen und sechs Ladengeschäften.

Polizeipräsidium
Wenn man den Gottesauer Platz überquert hat, folgt auf der Nordseite der Durlacher Allee das Gebäude der hier zwischen 1900 und 1973 angesiedelten Parfümeriefabrik Wolff und Sohn, die die Karlsruher später »Kaloderma« nannten. Denn so hieß die damals weltbekannte Kosmetikmarke des Unternehmens, die Friedrich Wolff aus den griechischen Begriffen kalos (schön) und derma (Haut) entwickelt hatte. Das Fabrikgebäude, das samt Fabrikantenvilla, Versand- und Lagergebäuden heute ein Kulturdenkmal ist, beherbergt derzeit das Karlsruher Polizeipräsidium. Direkt daneben entsteht das neue Finanzamtsgebäude, das Ende 2019 bezogen werden soll.

Schloss Gottesaue
Und jetzt mal kurz umdrehen: Auf der Südseite gibt der Otto-Dullenkopf-Park den Blick frei auf das Renaissanceschloss Gottesaue. Seit dem 11. Jahrhundert stand hier ursprünglich die Benediktinerabtei Gottesaue, die 1525 geplündert und durch Feuer beschädigt wurde. Markgraf Ernst-Friedrich von Baden-Durlach ließ daraufhin hier ein prachtvolles Schloss bauen, dem es in den folgenden Jahrhunderten aber immer wieder sehr schlecht erging. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch einen Brand zerstört, wurde das Schloss notdürftig repariert, nach einem weiteren Brand wiederaufgebaut und als Fruchtspeicher genutzt. Später diente es lange als Artilleriekaserne und Polizeischule, wurde 1944 durch einen Luftangriff zerstört und später sogar gesprengt. Erst 1982 wurde das Schloss im alten Stil wieder aufgebaut und beherbergt heute die Hochschule für Musik.

Schlachthof und AVG
Nach den bürgerlichen Wohnhäusern und den Höfen mit Kleingewerbe entstanden an der Durlacher Allee nun mehrere städtische Infrastrukturbauten. Dazu zählten auch der 1887 errichtete Vieh- und Schlachthof, der sich inzwischen zum Kultur- und Kreativstandort entwickelt, und die dahinter liegende Gaskokerei, die die wachsende Stadt Karlsruhe über 100 Jahre lang mit Gas versorgte. Im Schlachthof werden die traditionellen Gebäude wie etwa die alte Gaststätte, das Pferdeschlachthaus oder die Remise nach und nach ergänzt durch Neubauten. Gegenüber, an der Tullastraße, entsteht anstelle der kürzlich abgerissenen Wagenhallen der AVG ein neues Gebäude für Handel und Gewerbe, das sogenannte Quartier Betriebshof.





Möbelhäuser
Nach der Kreuzung mit dem Ostring und der Unterführung unter der Rheinbahn nach Mannheim wandelt sich die Durlacher Allee nun endgültig zur Zubringerstraße mit großen Gewerbeansiedlungen: Hier baut IKEA auf der Nordseite gerade einen neuen Einrichtungsmarkt. Der Bau im Karree von Durlacher Allee, Weinweg, Gerwigstraße und Ostring wächst schnell. 2020 soll hier der Verkauf starten. Wir stoppen auf unserer Fahrt jetzt an der Haltestelle Weinweg, wo südlich – praktisch direkt gegenüber des IKEA-Neubaus – die Landeserstaufnahmenstelle für Flüchtlinge (LEA) liegt. Wir fahren weiter und passieren die Firmenzentrale von XXXLutz, die früher Mann Mobilia hieß und hier bereits seit den 60er Jahren ihren Standort hat.

Kleingartensiedlung
Wir drehen uns um und schauen Richtung Süden. Nach der LEA und einer Tankstelle fällt der Blick plötzlich nach unten, denn die Durlacher Allee – die hier vierspurig wird – ist schon sichtbar zum Damm aufgeschüttet. Auf dieser Seite der Durlacher Allee liegen vor allem Kleingärten und die Sportplätze der Eisenbahner Sportgemeinschaft Frankonia. Kurz darauf überquert die Straße dann die Autobahn A5, die man im Hintergrund sieht. An der Dornwaldsiedlung kurz vor Durlach zweigt die Bundesstraße 10, die am Ostring in den vierspurigen Teil der Durlacher Allee eingebogen ist, wieder ab und es beginnt die Wohnbebauung von Durlach.

Autobahn
Auf der nördlichen Seite der Allee liegt ebenfalls unterhalb des Damms das Einkaufszentrum Durlach-Center, praktisch direkt an der A5. Gebaut wurde der Karlsruher Teilabschnitt der Autobahn in den dreißiger Jahren, die Idee einer Autobahn zwischen Hamburg, Frankfurt und Basel geht aber bereits auf Planungen des sogenannten HaFraBa-Vereins aus dem Jahr 1926 zurück. Ihm gehörte auch der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Dr. Ludwig Landmann an, der jüdischen Glaubens war und später von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Der Abschnitt Bruchsal–Karlsruhe der A5 soll 1937 eröffnet worden sein, nach Baden-Baden weitergebaut wurde die Autobahn nach dem Krieg und bis Basel erst in der 60er Jahren.


dm-Zentrale
Wenn man die Autobahn A5 überquert hat, passiert man einen weiteren Neubau an der Nordseite der Durlacher Allee: Auf einem ebenfalls unterhalb des Straßendamms gelegenen Gelände liegen hier die Durlacher Untermühlsiedlung und der Neubau der dm-Firmenzentrale. Der in Karlsruhe ansässige Drogeriefilialist baut auf 41.000 Quadratmetern Geschossfläche Arbeitsplätze für 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher auf sieben Standorte verteilt waren und künftig gemeinsam unter einem – begrünten – Dach arbeiten werden. Der Einzug in das neue Gebäude ist noch im Jahr 2019 geplant. Die Durlacher Allee quert kurz nach dem dm-Baufeld an der Haltestelle Untermühlstraße schließlich die Rheintalbahn nach Heidelberg am Durlacher Bahnhof. Dann senkt sich der Damm ab und endet ebenerdig, nach 3,6 Kilometern am Ortseingang von Durlach.


Durlach und Turmberg
Ehe unsere Fahrt hier aber endgültig endet, genießen wir noch einen Blick auf den Durlacher Turmberg, der genau in der Blickachse der Durlacher Allee liegt. Der Hausberg der ehemaligen badischen Residenzstadt Durlach ist 256 Meter hoch und hat seinen Namen von einem alten Turmbau aus der späten Stauferzeit. Zunächst noch als Wohnung der Markgrafen genutzt, blieb der alten Burg nur noch die Funktion als Wachturm mit Alarmkanone, als die Markgrafen im 16. Jahrhundert die Karlsburg als Tiefburg direkt in Durlach erbauten. Schon seit 1888 fährt die Turmbergbahn auf den Berg, sie ist die älteste noch in Betrieb befindliche Standseilbahn Deutschlands. Wer zu Fuß gehen will, nimmt hingegen die 528 Stufen der Hexenstäffele und findet oben schöne Spazierwege, einen großen Spielplatz und einen Waldseilpark.

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Bahnhof - Turmberg


