Wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig über ein Geschenk gefreut? Grund zur Dankbarkeit bieten liebevoll verpackte Gaben ebenso wie die energiereiche Fülle der Natur.
Text: Cordula Schulze
Fotos: Anne-Sophie Stolz
Ein Geschenk ist ein heikles Ding. Es kann von Liebe und Nähe zeugen, von Beziehungsroutinen, von Pflichterfüllung oder im schlimmsten Fall von Desinteresse. Im schönsten Fall jedoch stärkt es die Bindung zwischen Schenkendem und Beschenktem. Bisweilen sickert auch die Erkenntnis durch, dass wir ohnehin von der Natur reich beschenkt sind. Wir profitieren täglich von dem, was sie für uns bereithält – siehe unsere Bildstrecke.
Zeit für etwas Wertschätzung.
The Big Apple lockt
»Als meine Tochter in der siebten Klasse war, lief es in der Schule nicht so gut. Ich habe mir damals Sorgen gemacht und habe versucht, sie zu ermutigen. Mein Versprechen: Wir fahren zusammen nach New York, wenn du dein Abi geschafft hast. Das schien mir damals noch lang hin, aber sie hat sich in den ganzen Jahren daran erinnert. Jetzt hat sie tatsächlich dann ihr Abitur bestanden und wir haben diese gemeinsame Reise unternommen. Das war richtig schön – und ein Geschenk nicht nur für sie, sondern für uns beide. Sie wird bald ausziehen und wir konnten jetzt noch einmal richtig intensiv Zeit miteinander verbringen.An das gemeinsam Erlebte erinnert man sich noch viele Jahre später – wenn das neue Tablet längst kaputt oder der heiß ersehnte Pullover schon lange nicht mehr angesagt ist.«
Chris Gerbing, Südweststadt
Winter Wonderland im Murgtal
»Das schönste Geschenk meiner Kindheit war ein Paar rote Ski. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich am Heiligen Abend die Tür zum Wohnzimmer aufmachte und sie unter dem Weihnachtsbaum lagen. Ich war damals elf Jahre alt und hatte mir sehnlichst Skier gewünscht, aber bis zuletzt bezweifelt, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen würde. Denn Geld für einen Skiurlaub hatten meine Eltern in den 60er-Jahren nicht. Das Skifahren habe ich mir dann – mit Unterstützung einiger älterer Jungs aus dem Dorf – auf den Hängen in der Nähe meines Elternhauses im Murgtal selbst beigebracht. Das ging natürlich nicht ohne blaue Flecken, aber zum Glück ohne größere Blessuren! Einen Lift gab es übrigens nicht, den Aufstieg mussten wir mit Muskelkraft erledigen. Heute lernt in meiner Heimat kein Kind mehr Skifahren, weil es – ein Ergebnis des Klimawandels – nur noch sehr selten Schnee gibt und schon gar keine dichte Schneedecke wie noch in meiner Kindheit.«
Gerda Willig, Neureut
Posthumes Geschenk überrascht
»Ich habe mich einmal über ein eigentlich banales Geschenk sehr gefreut. Meine Tante hat mir zum 24. Geburtstag einen Stepper geschenkt, so ein kleines Fitnessgerät, das man zuhause nutzen kann. Den hatte ich mir gewünscht, war aber nicht sicher, ob meine Tante den Wunsch erfüllen würde. Die Überraschung war also doppelt, als ich das Geschenk erhielt, denn meine Tante hatte mir meinen Wunsch erfüllt. Dazu kam: Zum Zeitpunkt meines Geburtstags war sie schon verstorben. Ihr Geschenk erreichte mich posthum. Den Stepper habe ich viele Jahre genutzt und jedes Mal an meine Tante und diesen rührenden Moment gedacht, der etwas gruselig, aber gleichzeitig auch sehr schön war. Sie war eine tolle Tante und Patentante, mit der ich viel Zeit verbracht habe und die meine Schwester und mich immer herrlich verwöhnt hat.«
Christine Stump, Oststadt
Sugar-Baby-Sänger Peter Kraus zu Gast
»Ich war und bin ein Riesenfan von Peter Kraus, dem deutschen Elvis Presley. Als ich so 16, 17 war, wurde er gerade zum Star – ich hatte Fotos aus Zeitschriften ausgeschnitten und in meinem Zimmer aufgehängt. Meine Lieblingssongs von ihm damals: ‹Sugar Baby› und ‹Mit Siebzehn› Als Peter Kraus im Sommer 1959 ein Konzert in der Schwarzwaldhalle gab, war ich als Mitglied des Peter-Kraus-Fanclubs natürlich dabei! Wir waren alle in Petticoats unterwegs damals. Eine Filmillustrierte arrangierte dann den Kontakt von Kraus mit den Mitgliedern des Fanclubs – und einen Besuch meines Stars bei mir zuhause! Meine Eltern fanden das auch aufregend, wir wohnten damals in einem Mietshaus in der Brauerstraße. Mein Vater hat feierlich eine Flasche Sekt aufgemacht, aber Peter Kraus trank keinen Alkohol und wollte lieber ein Glas Milch. Es war so unwirklich, dass mein Star bei uns zu Gast war, und so freundlich und unkompliziert. Ich fand das damals ein Mordsgeschenk – erst das Konzert und später noch der Besuch … Heute schaue ich natürlich etwas anders auf die Dinge und empfinde meine beiden Enkelkinder als größtes Geschenk.«
Christa Raupp,Waldstadt
Patenonkel und Patenkind pflegen ihr Ritual
»Mit meinem Karlsruher Patenkind verbringe ich jedes Mal zu seinem Geburtstag einen gemeinsamen Unternehmungstag. Wir nennen ihn ‹Jasmin-und-Bernd-Alleine-Tag›, kurz JUBAT. Wir denken uns gemeinsam aus, was wir unternehmen, zum Beispiel ein Besuch in der Wilhelma oder eine Fahrradtour. Meistens ist unser Programm eher bodenständig – schließlich geht es ja vor allem darum,Zeit zusammen zu verbringen. Meistens starten wir mit einem Frühstück und beenden unseren JUBAT mit einem gemütlichen Abend. Dann grillen wir oder sitzen einfach zusammen. Mein Patenkind ist jetzt Mutter geworden und wir setzen unsere Tradition zu dritt fort. Das Wertvollste, was man schenken kann, ist Zeit. Und über die Jahre habe ich gemerkt, wie meine Patentochter sich auf unseren Tag gefreut hat. Das hat dann wiederum auch mir Freude gemacht.«
Bernd Walter, Rhein-Neckar-Raum
Eine geschenkte Oma
»Wir sind vor drei Jahren von Karlsruhe hier aufs Land gezogen. Und damals hatte ich schon ganz schön Respekt vor der Veränderung. Wir wussten ja gar nicht, ob wir Anschluss finden würden bei den Alteingesessenen. Beim Umzug erwartete ich unsere zweite Tochter. Sie war für Heiligabend angekündigt, schon das ein Weihnachtsgeschenk! Nach einiger Zeit kam unsere nette Nachbarin mit einer Spieluhr zum Gratulieren vorbei. Und aus der anfänglichen Sympathie ist schnell mehr geworden. Sie ist schon über 80, sehr wach, lebendig und freundlich. Heute unterstützen wir uns als Nachbarn, zum Beispiel passt sie mal auf die Kinder auf oder wir helfen ihr, wenn was im Haus nicht funktioniert. Aber die Verbindung geht noch weiter – wir sind uns wirklich nahe, kochen fast täglich zusammen und unternehmen auch mal was. Zum Beispiel gehen wir gemeinsam zu den Ettlinger Schlossfestspielen. Dabei kommen wir uns nicht zu nah, unsere Lore zieht sich auch immer wieder zurück. Meine Sorge, keine Anbindung zu haben, war also ganz unbegründet: Lore ist gewissermaßen eine geschenkte Oma für uns.«
Anja Günter,Waldbronn
Ein schmerzhafter Liebesbeweis
»Ich war ein Teenager von 13 oder 14 Jahren und meine Lieblingsoma litt an einer schweren Krankheit. Sie wohnte in Baden-Baden. Vor meinem Geburtstag ließ sie es sich nicht nehmen, mit dem Zug nach Karlsruhe zu kommen und mit mir ein Geschenk kaufen zu gehen. Leider ging es ihr an dem Tag gar nicht gut, und ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen, dass sie sich für mich so große Mühe machte. Also habe ich mir im ersten Bekleidungsgeschäft ganz schnell etwas ausgesucht, um diese Situation möglichst bald aufzulösen. Das Ergebnis: ein Paar blaue Knickerbocker mit roten Kordeln, ich sehe sie heute noch ganz genau vor mir! Ich habe die Hosen lange aufbewahrt, obwohl ich sie nie getragen habe. Sie waren eine Erinnerung an diesen Liebesbeweis meiner Oma.«
Birgit Sommer, Südweststadt